Beteiligung wagen

Die Wählerinitiative in Königswinter fordert mehr Bürgerbeteiligung. Sie fordern dafür die Einrichtung einer halben Stelle im Rathaus. Das Thema ist politisch umstritten.

Streit um mehr Bürgerbeteiligung … GA v. 20.01.19
Reizvolles Wagnis (Kommentar) … GA v. 20.01.19
„Kreativität der Bürger nutzen“ … GA v. 20.01.19

Vorab und um Mißverständnisse zu vermeiden: Ich bin wahrlich kein Verfechter direkter Demokratie, sondern zutiefst überzeugt vom Prinzip repräsentativer Demokratie. Aber die Reaktionen auf den – ja durchaus gemäßigten – Vorschlag der KöWIs, einen Ansatz für ein wenig mehr Bürgerbeteiligung zu wagen, stellen einem (zumindest mir) schlichtweg die Haare hoch.

Roman Limbach, seines Zeichens stellvertretender CDU-Fraktionschef, scheint die letzten Jahrzehnte auf einem anderen Planeten verbracht zu haben. Als würde die Idee von Bürgerbeteiligung jetzt erstmalig vom Baum fallen. Und nun müsse man sich das vorsichtig anschauen, überlegen, was das überhaupt ist und was man damit wollen können würde. Himmel, hat da seit den Siebzigern oder Achtzigern tatsächlich niemals jemand im Rathaus darüber nachgedacht oder geredet? War das wirklich nie ein Thema?

Was das vermeintlich mangelnde Interesse der Bürger an Beteiligung angeht, erinnert mich das eher an die unselige Zeit in den Neunzigern, wo abgehalfterte Lufthansa-Manager die Führung der Bahn enterten, als erstes aus Kostengründen die Küchen im Speisewagen durch abgepackte Sandwiches ersetzten um dann zwei Jahre später zu sagen, seht Ihr, kaum jemand benutzt noch den Speisewagen, die Kunden haben kein Interesse an einem Speisewagen, lasst ihn uns am besten ganz abschaffen. Das Interesse von Bürgern durch den aktuellen Beteiligungsgrad an minimalistischen, gesetzlich erzwungenen, uninspiriert und vor allem uninspirierend durchgeführten Veranstaltungen zu definieren … Jesses :o(

Und dass unser Bürgermeister meint, vor Unheil für unsere repräsentative Demokratie warnen zu müssen, die dadurch nicht ausgehebelt werden dürfe … Himmel-Hergott-Sakra … geht es auch eine Nummer kleiner? Das ist ein Ausmaß an Phantasielosigkeit, das schon erstaunen muß.

Es geht doch erstmal darum, mehr Transparenz überhaupt erst zu ermöglichen, Überlegungen anzustoßen und ggf. dafür nötige Strukturen auszuloten. Dass ein solcher Prozess nicht mal eben nebenbei im Rahmen der Alltagsarbeit der Verwaltung oder gar ohne Management geht, liegt eigentlich auf der Hand. Und war bspw. gut sichtbar im Rahmen der Flüchtlingsarbeit, wo erst die entsprechende Stellenschaffung eine vernünftige Arbeit ermöglichte.

Als im Herbst die Kollegin aus Solingen bei einem Infoabend über das dortige Modell der Bürgerbeteiligung berichtete, war ich zugegebenermaßen im Vorfeld eher skeptisch. Aber tatsächlich war ihr Bericht erhellend und inspirierend. Nicht zuletzt grad weil die gute Frau aus der Verwaltung kam, eine langjährige Verwaltungshistorie hatte. Und eben auch ihre eigene anfängliche Skepsis und erwartete Schwierigkeiten darstellen konnte. Vielleicht wäre es ja eine gute Idee, die Jungs und Mädels aus Solingen mal zu einem informellen Gespräch auf ein Käffchen einzuladen. So von Verwaltungsprofi zu Verwaltungsprofi.